Kautschuk und Latex aus Russischem Löwenzahn
Von der Wildpflanze zum nachwachsenden Industrierohstoff
Der Bedarf an Naturkautschuk wächst weltweit, weil es immer mehr Autos und LKWs gibt. Ein LKW-Reifen enthält bis zu 25 kg des nachwachsenden Gummis, das so hervorragende Eigenschaften hat, dass es durch künstlichen Kautschuk aus Erdöl nicht vollständig ersetzbar ist. Bislang gewinnt man den Naturkautschuk aus dem Milchsaft des Kautschukbaums (Hevea brasiliensis). Diese Bäume wachsen ausschließlich in den Tropen. Um den wachsenden Naturkautschuk-Bedarf abzudecken wird zusätzliche Anbaufläche benötigt, der Regenwälder zum Opfer fallen und mit ihnen wieder ein Stück Artenvielfalt. Um dies zu verhindern, ist die Suche nach Alternativen in vollem Gange.
Als heißer Kandidat gilt der Russische Löwenzahn (Taraxacum koksaghyz). Die Pflanze wurde bereits im 20. Jahrhundert in der Sowjetunion angebaut und hat 1941 fast ein Drittel des sowjetischen Kautschukbedarfs gedeckt. Doch dann geriet sie zunehmend in Vergessenheit. Damit sie für die moderne Landwirtschaft und die heutige industrielle Verarbeitung genutzt werden kann, bedarf es vielfältiger Anstrengungen. Denen widmet sich der Verbund „Takowind“ aus Forschung und Industrie, darunter der Reifenhersteller Continental. Ziel ist es u.a., den Kautschukgehalt in der Pflanze auf mindestens 10 % zu steigern. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft unterstützt die Forschungsarbeiten über die FNR. Es sieht die Pflanze als künftigen Lieferant für Industrierohstoffe und damit als neue Einkommensquelle für Landwirte und als Bereicherung der Anbauvielfalt auf den heimischen Äckern.
Ein Zentrum der Aktivitäten ist das „Taraxagum Lab“ in Anklam, das in Dezember 2018 seinen Betrieb aufgenommen hat. Dort werden der Anbau und die Verarbeitung von Russischem Löwenzahn erforscht und zur Serienproduktion weiterentwickelt.
Über Naturkautschuk
Naturkautschuk ist ein sehr elastisches Biopolymer, dessen exzellente technische Eigenschaften bislang von erdölbasierten Synthesekautschuken nicht erreicht werden. 2020 lag der weltweite Verbrauch bei rund 13 Mio. Tonnen, er soll bis 2024 auf 18 Mio. Tonnen jährlich steigen; 70 Prozent davon gehen in die Reifenindustrie.
2020 besaß der globale Markt für Naturkautschuk ein Volumen von rund 26 Milliarden US$.
Die wichtigste Quelle für Naturkautschuk und -latex ist der Kautschukbaum Hevea brasiliensis mit Erträgen von 500 bis 1.500 kg pro Hektar. Dieser Baum wächst nur in einem engen geographischen Gürtel um den Äquator; seine Kultivierung erfordert hohe Niederschlagsmengen und hohe Temperaturen.
Taraxacum koksaghyz wurde bereits im 20. Jahrhundert intensiv als mögliche Kautschukquelle erforscht und von Erträgen bis zu 150 kg pro Jahr und Hektar wurde berichtet. Gegenwärtig ist diese Art als alternative Kautschukquelle national und international wieder in den Fokus der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten gerückt.
Forschungsförderung zu Russischem Löwenzahn
Aktuell fördert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft die dritte Phase des Verbunds TAKOWIND.
Züchtung, Anbau und Verwertung von Russischem Löwenzahn (Taraxacum koksaghyz) – Weiterentwicklung einer Wildpflanze zum nachwachsenden Industrierohstoff - Leistungszüchtung (TAKOWIND III)
2219NR416 Züchtung und Entwicklung von Zuchtmaterial
ESKUSA GmbH
2219NR415 Methodenentwicklung und Züchtung
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
2219NR435 Züchtung und interspezifische Rekombination
Julius Kühn-Institut Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI) – ZL
2219NR430 Agronomie und interspezifische Rekombination
Julius Kühn-Institut Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI) - SB
Die Vorläuferprojekte finden Sie in der Projektdatenbank der FNR unter den Stichworten TAKOWIND und TAKOWIND II.
Einen Überblick zu den Forschungsprojekten liefert der Flyer „Löwenzahn gibt Gummi“.